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FAHRWERK

Feder- und Dämpferelemente sind das Verbindungsglied zwischen gefederter und ungefederter Masse. Schraubenfedern aus Stahl können beim Einfedern auf Bodenwellen Energie aufnehmen. Da die Stahlfeder aber keine Energie speichern kann, dehnt sie sich sofort wieder aus. Beim Überfahren von Bodenunebenheiten würden Motorrad und Fahrer ohne Dämpfung fröhlich auf und ab schwingen. Um das zu verhindern, wird dem schwingenden System eine Dämpfungskraft entgegen gesetzt. Die Bewegungsenergie wird im Dämpfer in Wärme umgewandelt. Die gewünschten Dämpfungskräfte werden durch hydraulische Dämpfung erzeugt. Beim Ein- und Ausfedern des Fahrzeugs bewegt eine Kolbenstange in der Gabel oder im Stoßdämpfergehäuse einen Kolben auf und ab und verdrängt Öl von einer zur anderen Seite. Das Öl wird dabei durch enge Bohrungen, Kanäle und Ventile gepreßt und baut somit die Dämpfungskraft auf. Zunächst erzeugten allein Bohrungen im Dämpferkolben den hydraulischen Widerstand, die Dämpfungskräfte waren demzufolge beim Ein- und Ausfedern gleich groß. Heutige Dämpfer arbeiten richtungsabhängig: In der Zugstufe ist eine deutlich höhere Dämpferkraft erforderlich als in der Druckstufe. Das Motorrad federt langsam aus, spricht jedoch beim Überfahren einer Bodenwelle mit hohem Tempo beim Einfedern schnell an. Aktuelle Stoßdämpfer oder Telegabeln arbeiten daher immer noch mit einfachen Öffnungen, auch als freie Bleeds benannt, verfügen aber zusätzlich über aufwendige Plattenventile am Dämpferkolben. Dünne Metallscheiben (Shims) aus Federstahl verdecken Bohrungen in einer Richtung, in der anderen öffnen die Shims unter Druck, das Öl kann durch den dann entstehenden Spalt fließen. Die Shims wirken dabei nicht nur als Ventil, denn die Größe dieses Spalts ist abhängig vom hydraulischen Druck, also von der Einfederungsgeschwindigkeit. Während der Querschnitt einer Bohrung eine bestimmte Form der Dämpferkennlinie festlegt, läßt sich durch das Plattenpaket die Dämpfung abhängig von der Geschwindigkeit des Kolbens beeinflussen. Daher unterscheidet der Techniker zwischen Low- und Highspeed-Bereich. Von der Anzahl und den Abmessungen der Shims hängt der Verlauf der Kennlinie ab. Auch in der Bauart der Dämpfer gibt es Unterschiede. Heute haben sich Gasdruckdämpfer durchgesetzt, bei denen das Öl durch ein Gasvolumen, meist Stickstoff, unter hohen Druck gesetzt wird. Bei Emulsionsdämpfern befinden sich Gas und Öl in einer Kammer und können sich mischen, im Extremfall bildet sich eine Emulsion, die Dämpfung läßt nach. Beim De-Karbon-Dämpfer trennt ein Kolben oder eine Membran das zum Volumenausgleich der Kolbenstange vorhandene Gaspolster vom Öl. 


Oft befindet sich der Trennkolben in einem Ausgleichsbehälter, der direkt oder über eine Leitung mit dem Federbein verbunden ist. Für die Dämpfung gibt es keinen allgemein gültigen Optimalwert, sie ist abhängig vom Einsatzzweck, der Beladung und der Geschwindigkeit. Um einen weiten Bereich abzudecken, sind Zug- und Druckstufe häufig getrennt einstellbar. Die Verstellung der Zugstufendämpfung erfolgt in der Regel an den Gabelstopfen sowie am unteren Ende des Federbeins über ein Handrad oder eine Stellschraube. Eine konische Nadel verändert ihre Position in der freien Bohrung und somit deren Querschnitt. Die Verstellung der Druckstufendämpfung sitzt in der Regel am unteren Ende der Gabelgleitrohre beziehungsweise am Ausgleichsbehälter des Federbeins. Neben den Verstellsystemen mit konischer Nadel gibt es Einsätze, die durch Verdrehen unterschiedliche Bohrungsquerschnitte freigeben, sowie federbelastete Ventile, bei denen sich die Vorspannung der Feder und somit der Durchfluß-Widerstand ändern läßt.  Doch Radaufhängungssysteme sollen nicht nur Bodenunebenheiten absorbieren, sondern auch bei Beladung mit zwei Personen und Gepäck noch ausreichende Reserven bieten. Um dies alles zu Gewährleisten, beginnt ein konstruktiver Spagat.

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Die Federung sowohl bei kleinen Unebenheiten im Asphalt sanft ansprechen als auch bei derben Löchern nicht durchschlagen. Mit linearer Federung ist dieses Problem bei begrenzten Federwegen nur schwer zu bewältigen. Bei doppelter Belastung sinkt die Federung um den doppelten Weg zusammen. Einige Tricks erlauben einen breiteren Anwendungsbereich. Eine progressive Federung bewirkt einen überproportionalen Anstieg der Kraft. Für den doppelten Federweg ist mehr als die doppelte Kraft nötig. Die Hersteller erreichen dieses Verhalten über zwei verschiedene Wege. Erstens durch einen engen Wicklungsabstand bei einem Teil der Windungen von Schraubenfedern. Beim Zusammendrücken der Feder legen sich zuerst die eng gewickelten Windungen aneinander an. Die Länge des federnden Drahtes nimmt ab, die Federung wird härter. Da progressive Federn schwierig zu produzieren sind, wählen die Hersteller oft einen Kompromiß. Ein Teil der Feder ist deutlich enger gewickelt, der andere weiter. Das Resultat ist eine zweistufige Kennlinie, deren Federrate ab einem bestimmten Punkt deutlich stärker ansteigt. Die zweite Möglichkeit: Selbst mit linearen Federn läßt sich über das Luftpolster in der Gabel oder über eine Hebelumlenkung zwischen Federbein und Schwinge eine progressive Kennlinie erreichen.

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Eine Anpassung der Federung an die Beladung ist bei modernen Gabeln und Federbeinen durch das verstellen der Federbasis möglich. Die Änderung der Vorspannung hat aber keinen Einfluß auf die Federrate, schließlich bleiben die konstruktiven Daten der Feder gleich. Vielmehr ändert sich das Verhältnis von Positiv- zu Negativ-Federweg.

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Gabel:

 

Gesamtfederweg 
Vorderrad frei über dem Boden: A = 100%

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Negativer Federweg/statisch  

Motorradgewicht ohne Fahrer oder Gepäck bei korrekter Federvorspannung: B

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Negativer Federweg/dynamisch
mit Motorradgewicht und Fahrer/Zuladung bei korrekter Federvorspannung: C

Beispiel:

Gesamtfederweg A = 220 mm

Negativer Federweg statisch B = 30-35 mm

Negativer Federweg dynamisch C =  1/3 von 220 = 50-80 mm

 

Dämpfer:

 

Gesamtfederweg
Hinterrad frei über dem Boden: A = 100%

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Negativer Federweg/statisch  

Motorradgewicht ohne Fahrer oder Gepäck bei korrekter Federvorspannung: B

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Negativer Federweg/dynamisch

Motorradgewicht und Fahrer/Zuladung bei korrekter Federvorspannung: C

 

 

Grundeinstellung der Federelemente

Für eine sinnvolle Abstimmung des Fahrwerks ist grundsätzlich in folgender Reihenfolge vorzugehen:

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1. Negativfederweg einstellen

2. Zugstufe einstellen

3. Druckstufe einstellen

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Bei diesen Arbeiten ist immer nur ein Wert zu verändern, damit nachvollziehbar bleibt, welche Veränderung zu welchem Ergebnis geführt hat.

 

Negativfederweg einstellen

Federbein

Die Federhärte und -vorspannung bestimmt den Negativfederweg, welcher in statischen und dynamischen Negativfederweg unterteilt wird. Der statische Negativfederweg wird ermittelt, in dem der Federweg bei entlastetem Hinterrad (A) und durch das Eigengewicht belastetem Hinterrad (B) gemessen wird . Die Differenz der beiden Messungen (A-B) ist der Negativfederweg (Richtwert Enduro 25-30mm). Der dynamische Federweg wird incl. Fahrer und ggfls. Zuladung oder Beifahrer gemessen. Die Differenz zwischen dem statischen und der durchgeführten Messung (B-C) ist der dynamische Negativfederweg (Richtwert Enduro 50-80mm). Die Messungen erfolgen immer gleichbleibend von der Hinterachse zu einem frei wählbaren Punkt am Rahmenheck! Mittels der Federvorspannung kann jetzt die Einstellung vorgenommen werden.

 

Dynamischer Negativfederweg zu klein

= statischer Negativfederweg zu groß

=> Federvorspannung erhöhen.  

 

Ist eine weitere Federvorspannung nicht möglich, daß Ergebnis jedoch noch nicht zufrieden stellend, muß eine Feder mit härterer Kennlinie benutzt werden. Dynamischer Negativfederweg zu groß = statischer Federweg zu klein => Federvorspannung verringern. Entgegen der verbreiteten Meinung verändert die Vorspannung nicht die Federhärte sondern reguliert nur den nutzbaren Federweg.

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Gabel

Die Vorgehensweise der Messung ist bei der Gabel identisch zu der bei dem Federbein. Allerdings sollte die Gabel einen größeren nutzbaren Federweg aufweisen, Richtwerte:

statischer Negativfederweg => 30-50 mm Enduro, 30-35mm Reiseenduro

Herkömmliche Telegabeln können mit progressiven Gabelfedern,  veränderten Ölviskositäten und Luftpolstern auf die entsprechenden Einsatzzwecke oder Zuladungen angepasst werden, voll einstellbare Gabeln bieten die entsprechenden technischen Möglichkeiten ohne Umbauarbeiten. Als Grundregel nach dem Einbau härter Federn gilt, dass Öl mit einer höheren Viskosität verwendet wird, um die Zugstufe anzupassen. Auch sollte das Gabelöl in regelmäßigen Intervallen erneuert werden. -Nicht vergessen jede Veränderung zu notieren.

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Dämpfung einstellen 

Wenn der Untergrund viele kleine Wellen und Unebenheiten aufweist, sollte die Zugstufe weich abgestimmt werden, damit die Räder den Bodenkontakt halten können. Je ebener die Fahrbahn ist, desto straffer kann die Zugstufe gewählt werden, dies verringert zwar etwas den Komfort, erhöht jedoch die Fahrstabilität. Bei groben Unebenheiten oder hoher Beladung darf eine bestimmte Zugdämpfung nicht unterschritten werden, damit das Heck nicht unkontrolliert nachwippt. Die Druckstufe kann bei groben Unebenheiten etwas straffer als die Zugstufe gewählt werden, das verhindert das Durchschlagen des Fahrwerks.

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Glatte Straße -> starke Federvorspannung, straffe Zug- und Druckstufe.

Wellige Straße -> geringere Federvorspannung, deutlich weichere Zug- , etwas weichere Druckstufe als bei glattem Untergrund.

Harte Schotterpiste -> geringere Federvorspannung, Zug- und Druckstufe in Richtung weich einstellen.

Tiefer Schotter und Sand -> das Fahrwerk kann wieder etwas straffer eingestellt werden.

Hartes Gelände/grobe Unebenheiten -> Vorspannung nicht zu weich wählen, damit ausreichend Federweg bleibt, Zug- und Druckstufe tendenziell straff einstellen. 

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Fahrwerkstuning

Grundsätzlich empfehlenswert da, a) gerade unsere Ténérés schon etwas betagt sind und b) das Serienfahrwerk i.d.R. selbst neuwertig nur mittelmäßige Eigenschaften besitzt.  Durch einen Fahrwerksumbau können Probleme wie "Hochgeschwindigkeitspendeln", schlechte Kurvenlage oder Offroadtauglichkeit eleminiert werden.

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Low Cost:

Beim Original-Dämpfer werden (härtere) Feder , ÖL (andere Viskosität) und Stickstoff erneuert. Das Öl der Gabel wird durch ein höher viskoses Öl ersetzt, die Menge je Holm auf 680cm³ erhöht, die Gabelfedern können ggfls. gegen die der XTZ 750 oder progressive Promoto getauscht werden.

 

Budget:

Der Dämpfer wird gegen ein Zuliefererprodukt z.B Wilbers oder Whitepower gewechselt, diese bieten neben einem größeren Hub am Kolben und geringerem Gewicht verschiedene Federraten, Höhenverstellung und Ausgleichsbehälter mit Druckstufenverstellung. Die Federn der Telegabel werden ebenfalls gegen progressive Feder anderer Hersteller getauscht, am besten nur Federn ohne Vorspannhülsen benutzen. Beim Wechsel der Gabelfedern wird meistens eine ÖLviskositäts-Empfehlung der Hersteller abgegeben, die man beherzigen sollte, evtl. die Menge je Holm auf 680 cm³ erhöhen.

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High Cost:

Das Federbein wird gegen ein Exemplar von Öhlins incl. allem Zubehör oder einem auf Maß gefertigten Dämpfer getauscht. Die Serien Gabel wird durch eine voll einstellbare WP oder Öhlins-Gabel ersetzt.

Dann viel Spaß beim TÜV !

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Fahrwerksveränderungen

Wird bei einem Motorrad das Fahrwerk verändert (höher-/tiefergelegt), müssen die Vor- und Nachteile sorgfältig geprüft werden.

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Vorteile Höherlegung

  • ggfls. mehr Federweg

  • mehr Bodenfreiheit/Schräglagenfreiheit

  • Strafferes Fahrwerk

  • Mehr Fahrkomfort

  • durch kürzeren Radstand besseres Handling
     

Nachteile Höherlegung

  • durch kürzeren Radstand schlechterer Gradauslauf

  • die Schwinge steht steiler, untere Kettenlaufrolle und Schwingenschleifblock werden stärker belastet

  • Seiten- und/oder Hauptständer müssen verlängert werden

  • Seitenwindanfälliger

  • Kurvenverhalten ist verändert

  • höherer Schwerpunkt
     

Vorteile Tieferlegung

  • trittsicherer Stand des Fahrers

  • niedriger Schwerpunkt

  • stabiler Gradauslauf

  • Nachteile Tieferlegung

  • geringe Bodenfreiheit

  • geringerer Hub des Rades

  • Seiten- und/oder Hauptständer zu lang

  • Kurvenverhalten ist verändert

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